Kategorien
Claudia Klages

Medaillen BTHVN 1 – 10: Folge 3

Zehn neue Kunstwerke zu Beethoven im kleinen Format

Zu Beethovens Ehren wurden nach seinem Tod über 460 Medaillen und Plaketten gestaltet – die größte Anzahl, die je einem Musiker gewidmet wurde. Anlässlich des 250. Geburtstages des Komponisten im Jahr 2020 schufen zehn Medailleurinnen und Medailleure jeweils eine neue Medaille oder Plakette auf den Komponisten. Dabei entstanden zehn spannende Arbeiten, die uns Person, Werk und Wirken Beethovens aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln nahebringen.

Medaille mit der Darstellung einer sitzenden Muse mit einer Kithara im Arm auf der Vorderseite.
Medaille mit der Darstellung einer Muse (Vorderseite), Marianne Dietz, 2020, Durchmesser 84 mm, Bronze. Foto: L. Kornblum, LVR-LandesMuseum Bonn.

Beethovens Musik – ein Lichtstrahl auf der Erde

„Im Bild eine nächtliche Szene am Meer. Unter einem Vollmond am Strand kauert eine unbekleidete Muse mit Lyra im Schoß, lauschend, mit geschlossenen Augen in sich versunken. Ihr Haar, gleichsam fließend mit der Melodie der Natur, breitet sich horizontal über den Meereswellen im Hintergrund aus.“

So beschreibt Marianne Dietz die Vorderseite ihrer Medaille zum Beethovenjubiläumsjahr. Die Rückseite trägt einen Ausspruch Beethovens:

ICH SCHLIESSE
MEINE AUGEN
IN DER SEELIGEN GEWISSHEIT
DASS ICH
EINEN LICHTSTRAHL
AUF DER ERDE
HINTERLASSEN HABE.

Darunter der Schriftzug Beethoven.

Die Medaille von Marianne Dietz ist die einzige dieser Edition, auf der Beethoven nicht in Gestalt eines Porträts erscheint. An dessen Stelle treten eine Muse auf der Vorder- und ein Zitat Beethovens mit seinem faksimilierten Namenszug auf der Rückseite.

Rückseite der Medialle von Marianne Dietz. Zu lesen ist das Zitat "Ich schliesse meine Augen in der seeligen Gewissheit dass ich einen Lichtstrahl auf der Erde hinterlassen habe." Darunter wird die Unterschrift Beethovens abgebildet.
Medaille mit der Darstellung einer Muse. Hier die Rückseite mit einem Zitat und der Unterschrift Beethovens, Marianne Dietz, 2020, Durchmesser 84 mm, Bronze. Foto: L. Kornblum, LVR-LandesMuseum Bonn.

Die Muse

In der Antike waren Musen Göttinnen der schönen Künste, Musik und Literatur, bekleidet und in statuarischer Haltung wiedergegeben. Künstler riefen sie um Inspiration und ihren Beistand an. Mit ihrer Musendarstellung knüpft Marianne Dietz in der Form weniger an diese an als eher an die allegorischen Musenbilder aus der Zeit der Romantik und des Jugendstils. Silke Bettermann wies darauf hin, dass die vielfach neben dem Komponisten dargestellten weiblichen Figuren „Verkörperungen der Musik oder einzelner musikalischer Werke oder Gattungen“ seien[1]. Eine Allegorie dieser Art erscheint beispielsweise auf der Beethovenmedaille von Rudolf Mayer von 1903. Dort ist die Muse Euterpe zu sehen, selbstversunken an ein Podest gelehnt, in der Linken eine Doppelflöte haltend, mit der Rechten leicht die Saiten einer Kithara anschlagend.[2]

In der Komposition und im Motiv ähnlicher gestaltet, ist die hockende und Harfe spielende Muse auf der Rückseite der Medaille von Eduard Rettenmaier, um 1911[3]. Marianne Dietz schließt an Rettenmaiers Darstellung an und entwickelt sie weiter. Ihre Muse ist unbekleidet, gewissermaßen „natürlich“, und ihre sich horizontal ausbreitenden Haare wiederholen formal die von Wolken und Wellen gebildeten Linien. Die Muse ist nicht „nur“ Muse oder Musik, sondern sie ist (Teil der) Natur. Dazu passt das Zitat Beethovens, das Marianne Dietz für die Rückseite der Medaille wählte. Beethoven meinte sicher seine Kompositionen, die er mit einem Lichtstrahl verglich, den er auf der Erde hinterlassen habe. Seine Musik ist ebenfalls Teil der Natur geworden.

Beethoven Denkmal auf dem Münsterplatz, Bonn. Auf dem Sockel sieht man die Darstellung der "Phantasie".
Beethoven Denkmal auf dem Münsterplatz, Bonn. Auf dem Sockel sieht man die Darstellung der „Phantasie“. Foto: LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Silvia Margrit Wolf.

Diese Medaille führt zu …

dem Sockel des Beethovendenkmals auf dem Bonner Münsterplatz mit vier allegorischen Darstellungen für die verschiedenen Arten der Musik, die Beethoven komponierte. Auf der dem Bonner Münster zugewandten Seite ist es „Die geistliche Musik“ beim Spiel an der Orgel dargestellt. Ihr Gegenstück in sinnender Pose auf der gegenüberliegenden Seite stellt „die dramatische Musik“ dar. Sie hält eine Flöte in der Hand. Zu leichteren Identifizierung sind ihr zusätzlich zwei Theatermasken und eine Kithara beigegeben. Vorne sieht man eine weibliche Gestalt mit Leier und Lorbeerkranz, auf einer Sphinx reitend, die für die „Phantasie“ steht. Auf der Rückseite verkörpert eine Frauenfigur mit Lorbeerkranz und Kithara die Muse Euterpe. Es umschweben sie vier Putten mit unterschiedlichen Attributen, die jeweils einen der vier Sätze einer Symphonie charakterisieren[4].

Marianne Dietz

Portraitaufnahme der Künstlerin Marianne Dietz.
Die Künstlerin Marianne Dietz. Foto: Christoph Eyrich.

Marianne Dietz kam 1957 in Weiden (in der Oberpfalz) zur Welt. Am Beginn ihres beruflichen Werdegangs stand ein Diplomstudium Design an der Fachhochschule Nürnberg.  Ab 1986 folgte ein Studium der Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg, wo sie 1991 zur Meisterschülerin von Chr. Höpfner wurde. Heute lebt und arbeitet sie in Berlin.

BTHVN 3/10 – Die nächsten Medaillen

Im Abstand von vier Wochen stellen wir euch die Beethovenporträts folgender Medailleurinnen und Medailleure vor:


[Dr. Claudia Klages, Wiss. Referentin Numismatik, LVR-LandesMuseum Bonn]


Anmerkung

[1] Silke Bettermann, Beethoven im Bild. Die Darstellungen des Komponisten in der bildenden Kunst vom 18. bis zum 21. Jahrhundert, Bonn 2012, 69-81.

[2] Manfred van Rey, Ludwig van Beethoven in Nummis, Bonner Numismatische Studien Band 3 (Bonn 2020) 91 Nr. 31.

[3] w.o. 101 Nr. 41

[4] Walther Neft, Fackelzug für das Standbild durch die geschmückte Stadt – Vor 140 Jahren wurde das Beethovendenkmal eingeweiht, in E. Lindenroth, Bonn im Spiegel der Jahrhunderte. Eine Sammlung heimatkundlicher Zeitungsartikel, Bonn 1992.

Das Titelbild des Buchs "Bonner Numismatische Studien, Band 3" zu Ludwig van Beethoven. Das Coverbild zeigt den Ausschnitt einer Medaille mit dem Gesicht Beethovens, das von einem Zweig bekrönt wird.
3. Band der Bonner Numismatischen Studien, der sich ganz Ludwig van Beethoven widmet und von Manfred van Rey erarbeitet wurde. Das LVR-LandesMuseum war in die Erstellung des Katalogs involviert. Gestaltung: J. Klein, Bonn-Bad Godesberg.

Manfred van Rey, ehemaliger leitender Stadtarchivar von Bonn und Autor einer gerade erschienenen, umfassenden Publikation von Beethoven-Medaillen war Initiator des Projektes BTHVN 1-10.

Diese Publikation über Medaillen zu Ludwig van Beethoven wurde von Manfred van Rey erarbeitet: M. van Rey, Numismatische Gesellschaft Bonner Münzfreunde e.V., Hrsg., Bonner Numismatische Studien Band 3, Ludwig van Beethoven in Nummis, Bonn 2020.

Das LVR-LandesMuseum Bonn war in die Erstellung des Kataloges involviert.