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LVR-LandesMuseum Bonn

Fund des Monats August 2022

Fragile Gläser aus der Beigabennische

Jeden Monat zeigen wir in Zusammenarbeit mit dem LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland den Fund des Monats. Ob er nun aus einer aktuellen Grabung stammt, gerade frisch restauriert ist oder auch besonders schön und zu schade für das Depot, es gibt jedes Mal einen neuen Grund und die Vielseitigkeit der Archäologie wird sehr schön deutlich.

Bei archäologischen Untersuchungen im Industriegebiet von Zülpich, dem römischen Tolbiacum, wurden 2021 sieben römische Brandgräber von einem Team des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland aufgedeckt. Die Gräber des 2. bis frühen 4. Jahrhunderts gehören zu einem kleinen Bestattungsplatz eines römischen Landgutes (villa rustica). Dort hatten Archäologen und Archäologinnen der Fachfirma Archaeonet und des Fachamtes bereits 2017 und 2019 Gräber freigelegt – zum Teil mit umfangreichen und wertvollen Beigaben.

Unter den jüngst untersuchten Bestattungen hob sich ein Grab heraus, ein sogenanntes bustum. Bei dieser Form von Brandgrab wird der Scheiterhaufen direkt über der Grabgrube errichtet und abgebrannt. Beim Abbrennen stürzt dieser mit den Überresten des verbrannten Leichnams und der Beigaben in die Grabgrube. Dabei „verziegeln“ die Grabwände durch die große Hitze und nehmen eine rötliche Färbung an.

Neun gläserne Gefäße und eine Öllampe vor schwarzem Hintergrund.
Glasgefäße und ein Öllämpchen aus einem römischen Brandgrab 2. Jahrhundert n. Chr. Fundort: Zülpich, Kreis Euskirchen. LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland / LVR-LandesMuseum Bonn. Foto: J. Vogel / LVR-LandesMuseum Bonn.

Bei diesem bustum hatte man den Leichenbrand aus dem Brandschutt ausgelesen und im Grabzentrum zusammen mit einer Münze beigesetzt. Zudem wurde nach dem Brand eine Nische an der westlichen Seite angelegt. Dort hinein stellten die Angehörigen unversehrte Beigaben für das Jenseits: ein Glasservice aus sechs Schalen bzw. Näpfen, kugeligem Topf, zylindrischem Krug und Fußbecher. Dazwischen stand ein Öllämpchen.

Die bei der Auffindung größtenteils zerscherbten Gefäße wurden von zwei Restauratorinnen vom LVR-LandesMuseum Bonn – Christiane Dirsch und Thea Schuck – im Block geborgen. Dank der Restaurierung durch Thea Schuck geben sie nun einen Eindruck von der hohen Qualität der neun Gläser. Die sehr dünnen Wände und das schwer herzustellende, nahezu farblose Glas zeichnen diese exquisiten Gefäße aus. Der Glasbläser war ein Meister seines Handwerks. Das Grab zeugt wie die bereits zuvor ausgegrabenen Bestattungen vom Wohlstand der Bewohner und Bewohnerinnen der villa rustica.


[Ulrike Müssemeier, LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland &Thea Schuck, LVR-LandesMuseum Bonn]

Der Fund des Monats von LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland und LVR-LandesMuseum Bonn ist im Eingangsbereich des Museums in einer eigenen Monatsvitrine zu sehen.

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