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Anja Claus

How to … make a codex

In Scriptorien der Zisterzienser entstanden einige der schönsten und wertvollsten Handschriften des Mittelalters. In Cîteaux, dem Mutterkloster des Ordens, lagen die wichtigsten Handschriften, die auch in allen Tochterklöstern vorliegen mussten. Daher wurden diese Hauptwerke immer wieder von Hand kopiert. Die Herstellung war sehr aufwendig und teuer. Allein das Pergament war in der Herstellung sehr kostspielig, sodass auch fehlerhafte Pergamente mit Rissen und Löchern genutzt und vor Verwendung genäht werden mussten.

Aus großen Pergament- oder Papierbögen konnten durch Falten verschiedene Formate entstehen. Die Seiten versah man mit Hilfslinien, damit der Schriftspiegel gerade verlief. In manchen Handschriften sind an den Seitenrändern noch kleine Löcher als Orientierungen sichtbar, mit deren Hilfe die Linien gezogen werden konnten. Oft wurde bereits bei diesem Schritt der Platz für Illuminationen und Buchmalereien festgelegt.

Geschrieben wurde meist mit schwarzer oder brauner Tinte. Um bestimmte Buchstaben, Worte oder Abschnitte hervorzuheben, nutzte man oftmals rote Tinte. Dies nennt man Rubrizierung (von lat. rubrum = rot). Das heutige Wort „Rubrik“ leitet sich davon ab.

Für die Buchmalereien, die Miniaturen, nutzte man diverse Pigmente und – je nach Budget – auch Blattgold oder Purpur. Die Miniaturen vervollständigten den Text oder gestalteten als Ornamente die Seite.

Zusammengehalten wurden die Bögen und Seiten durch eine Bindung und den Einband, oft mit Leder bezogene Holzkladden, die mit Metallschließen und Punzierungen verziert sein konnten. Der feste Einband sorgte dafür, dass das Pergament, das sich durch Feuchtigkeit verzieht, nicht zu schnell seine Form verlor.

Heute sind die mittelalterlichen Handschriften noch immer sehr wertvoll und empfindlich. Zu viel Licht schadet ihnen und der Einband muss bei der Präsentation von Innenseiten geschont werden, sodass nur ein bestimmter Aufschlagwinkel möglich ist. Den Museen und Wissenschaftlern helfen bei der Präsentation und Erforschung von solchen Handschriften auch Faksimiles (von lat. fac simile = mache es ähnlich), möglichst originalgetreue Kopien.

In unserer Ausstellung „Die Zisterzienser. Das Europa der Klöster“ haben wir neben einigen Werkzeugen des Buchbinderhandwerks auch insgesamt vier komplette Faksimiles, die Sie als Besucher durchblättern können. Eines davon zeigt den Codex Gisle, ein liturgisches Gesangbuch aus dem Zisterzienserinnenkloster Rulle bei Osnabrück von ca. 1300.

Der Quaternio Verlag in Luzern hat in mühevoller Arbeit eine Auflage von Faksimiles des Codex Gisle von außerordentlicher Qualität hergestellt und uns freundlicherweise ein Exemplar für die Ausstellung zur Verfügung gestellt. Schauen Sie sich doch den kurzen Film des Quaternio Verlags an: Er zeigt die aufwendige Produktion von der Digitalisierung des Originals bis zur letzten Buchschließe.

Wir bedanken uns beim Quaternio Verlag Luzern für die freundliche Unterstützung.

 

[Anja Roser]

5 Antworten auf „How to … make a codex“

Vielen Dank für das wirklich aufschlussreiche Video. Nun würde mich noch interessieren, wie die Herstellung von Faksimiles vonstatten ging, bevor man die Vorzüge der digitalen Technik genießen durfte. Welchen Techniken kamen dabei noch vor 20 Jahren zum Einsatz? Ich denke, diese Frage wird in der Ausstellung beantwortet.

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[…] Mittelalterliche Codices sind immer wieder faszinierend. Ihre Gestaltung, die Farben, die unglaublichen Details, die sie beinhalten. Doch wie entstand ein Codex eigentlich? Wie wurde er gemacht? Auch mit dieser Frage beschäftigt sich die Zisterzienserausstellung im Landesmuseum Bonn, die noch bis zum 28. Januar zu sehen sein wird: https://lvrlandesmuseumbonn.wordpress.com/2018/01/15/how-to-make-a-codex/ […]

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