Die Forschungsvolontär*innen der Kunstmuseen NRW zu Gast im LVR-LandesMuseum Bonn
Seit Anfang 2020 unterstützt das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW Kunst- und Kulturmuseen mit einem Förderprogramm. Durch dieses konnten 25 auf zwei Jahre angelegte Projektstellen für Volontierende eingerichtet werden. Ob Inventarisierung, Planung von Ausstellungen oder Aufarbeitung von Künstlernachlässen, die Projekte der Volontierenden sind in ihren Anforderungen und Fragestellungen vielfältig. Um über das eigene Aufgabenfeld hinaus von dieser Vielfalt zu profitieren, tauschen sich die Volontierenden in regelmäßigen Forschungskolloquien aus, die je nach Schwerpunkt von einem anderen Museum ausgerichtet werden.
Das Treffen mit dem Schwerpunkt Provenienzforschung war der Wichtigkeit des Themas entsprechend im Voraus nicht als eintägiges Kolloquium gedacht gewesen, sondern als Tagung für den 31. August bis zum 1. September 2021 konzipiert worden. Ausrichter und Gastgeber war das LVR-LandesMuseum Bonn. Lothar Altringer, der stellvertretende Direktor des Museums, betonte in seiner Begrüßungsrede zum Auftakt der Tagung seine Freude darüber und wie wichtig und zukunftsweisend solche Formate für lebendige Forschungsarbeit am Museum seien.
Dass das Treffen zum Thema Provenienzforschung dabei gerade im LVR-LandesMuseum Bonn stattfinden sollte, war kein Zufall. Denn das Museum erforscht seit Jahren in Projekten und mit einer festen Stelle für Provenienzforschung die eigenen Sammlungsbestände und Kunstankäufe. Diesem Anspruch entsprechend gelang es dem LVR-LandesMuseum auch, im Rahmen des Förderprogramms des Landes NRW zum Mai 2020 ein Forschungsvolontariat mit dem Schwerpunkt Provenienzforschung einzurichten.
Der erste Tag: Erforschung der Herkunft als eigene Disziplin
Woher stammen die Objekte und wie wechselten sie ihre Besitzer*innen? Was ist die Washingtoner Erklärung von 1998 und wie wird der Kontext nationalsozialistischer Verfolgung definiert? In dem ersten Vortrag mit dem Titel „Provenienzforschung – Definition, Geschichte, Ziele“ stellten Stéphanie Baumewerd und Nora Jaeger von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn den Forschungszweig und seine Entwicklung einführend dar.
Ruth Türnich vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW folgte mit ihrem Bericht über die „Provenienzforschung in NRW: systematisch, flächendeckend und nachhaltig. Die Koordinationsstelle für Provenienzforschung“.
Geleitet von Dr. Heidi Gansohr, langjährige Provenienzforscherin des Hauses, ging es in einem Rundgang durch das Museum auch um die Geschichte der Provenienzforschung im LVR-LandesMuseum. Ergebnisse, Probleme und Strömungen in den letzten Jahren wurden diskutiert.

In einem weiteren Rundgang stellte Franziska Helmenstein, Forschungsvolontärin des LVR-LandesMuseums, das Projekt zur Erforschung der Herkunftsgeschichten der Gemälde des 19. Jahrhunderts und der Düsseldorfer Malerschule vor. Im Fokus stand der derzeitige Projektstand und wie Recherchen und Arbeit durch die Coronapandemie beeinflusst wurden.
Einen spannenden Abschluss des ersten Tages bildete Jasmin Hartmanns Workshop zum Thema Erstcheck und Standardisierung von Provenienzangaben. Die Mitarbeiterin der Stabstelle Provenienzforschung der Stadt Düsseldorf führte die Teilnehmer*innen an die praktische Arbeit der Provenienzforschung heran und machte anhand einer exemplarischen Objektrecherche auf methodische Probleme aufmerksam.
Der zweite Tag: Ethnologische Sammlungen, koloniale Kontexte
Wie geht man mit Objekten um, die weder europäische Kunst noch Kunsthandwerk dieses Kontinents sind? Was geschieht mit Sammlungen, deren Objekte aus außereuropäischen Ländern kommen? Wie sollte der Umgang mit menschlichen Überresten im Museumsalltag aussehen?
Nach dem gelungenen Auftakt am 31. August eröffnete Sarah Fründt vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste den zweiten Tag mit ihrem Beitrag zum „Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten: Postkoloniale Provenienzforschung – Besonderheiten, Recherchemöglichkeiten, Zusammenarbeit mit Expert*innen in der Herkunftsregion.“

Die folgende Referentin war Yagmur Karakis. Sie besetzt derzeit das Forschungsvolontariat des Rautenstrauch-Joest-Museums Köln und damit die zweite Projektstelle mit Schwerpunkt Provenienzforschung, die durch das Förderprogramm realisiert werden konnte. Ihr Praxisbericht betraf die Aufarbeitung der dortigen Sammlungsprovenienz und die methodischen Probleme, die mit solchen Aufgaben an ethnologischen Museen einhergehen.
Den Abschluss der Tagung gestalteten Dr. Marcus Leifeld und Dr. Britta Olényi von Husen aus dem Referat für Museumsangelegenheiten der Stadt Köln. Ihr Workshop „Provenienzforschung vermitteln. Transparente Kommunikation von Forschungsergebnissen“ verdeutlichte, welche Herausforderungen mit der Vermittlung von Rechercheergebnissen einhergehen, aber auch, welche Chancen in einer gelungenen Kommunikation nach außen liegen.

Besondere und wichtige Aufgabe
Abschließend sei allen Organisator*innen, Redner*innen und Teilnehmer*innen, die mit ihren vielen Gesprächen, Fragen und Diskussionen die Tagung bereichert haben, gedankt. Es wurde deutlich, dass neben den vielen Aufgaben der Mitarbeiter*innen in Museen die Provenienzforschung eine ganz besondere ist, deckt sie doch geschehenes Unrecht auf und stellt die Frage nach Gerechtigkeit.
[Franziska Helmenstein, Forschungsvolontärin im LVR-LandesMuseum Bonn]