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Ein Ausflug in die Restaurierungswerkstatt

Sarah Maria Klose macht gerade ein Praktikum in der Abteilung für das Frühmittelalter und hat Einblicke in die Restaurierungswerkstatt und die Arbeit der Restauratoren erhalten. An einem Tag begleitete sie Holger Becker, den Restaurator für Metallfunde des LVR-LandesMuseums Bonn.

Kreuzfibel mit Almandinen, LVR-LandesMuseum Bonn. Foto: J. Vogel, LVR-LandesMuseum Bonn.
Kreuzfibel mit Almandinen, LVR-LandesMuseum Bonn. Foto: J. Vogel, LVR-LandesMuseum Bonn.

Vor wenigen Wochen an einem Montagvormittag ging es zur Objektentnahme in die Ausstellung „Eva’s Beauty Case“. Dort mussten wir eine Kreuzfibel aus einer der Vitrinen entnehmen, um zu untersuchen, ob es sich bei den restlichen roten Einlagen um Almandineinlagen handelt. Diese Untersuchungen finden im Rahmen des „Zellwerk“-Projektes statt. Das Projekt beschäftigt sich mit Herkunft, Verarbeitung und Handel von Almandinen, einer Granatart, die in der Merowingerzeit (Ende 5.-7. Jahrhundert n. Chr.) als Einlage in Schmuck, Waffen- und Gürtelbeschlägen aus Edelmetall äußerst beliebt und weit verbreitet war.

Da montags immer geschlossen ist, war das Museum menschenleer und ruhig. Dieser Tag eignet sich besonders gut, um Objekte kurzzeitig aus der Ausstellung zu holen, da man einerseits den Besuchern keine interessanten Objekte vorenthält und andererseits ungestört arbeiten kann. Zur Entnahme aus der Vitrine musste die Holzverkleidung aufgeschraubt werden, um den Vitrinendeckel öffnen zu können. Sobald die Kreuzfibel von den dünnen Fäden befreit war, mit denen sie an der Halterung befestigt war, packten wir sie vorsichtig in Seidenpapier und dann in das vorgesehene Döschen. Ich durfte den Restaurator Holger Becker mit in seine Werkstatt begleiten, wo die Kreuzfibel mit Hilfe einer mobilen Röntgenfluoreszensanalyse-Anlage untersucht werden sollte.

Holger Becker untersucht, betreut und restauriert als Restaurator Metallfunde bzw. Metallobjekte aus dem gesamten Rheinland, dabei vor allem auch für das LVR-Amt für Boden- und Denkmalpflege. Die Arbeit für das LVR-LandesMuseum Bonn stellt dabei nur einen kleinen Teil seines Aufgabenbereiches dar. Er erklärte mir, dass sich die Fachgebiete der Restauratoren nicht wie bei den Referenten des Museums nach Epochen, sondern stattdessen nach der Materialart richten. So kommt es auch, dass H. Becker frühmittelalterliche Schwerter sowie jüngere Objekte, wie zum Beispiel die Skulpturen des Künstlers Max Ernst im Max Ernst Museum Brühl des LVR, betreut und restauriert. Dies macht seinen Beruf sehr vielseitig und brachte ihn schon zu den verschiedensten Orten.

Holger Becker arbeitet schon seit 1999 im Museum. Da er als Restaurator auch Röntgengeräte bedient, musste er eine Ausbildung zum Strahlensicherheitsbeauftragten durchlaufen. Damit es für andere deutlicher ist, was dies eigentlich beinhaltet, bezeichnet er sich in Emails und Briefköpfen als Röntgenbeauftragter, obwohl es diese Bezeichnung so eigentlich gar nicht gibt. In seiner Werkstatt benutzt er zwei verschiedene Geräte für die Röntgenuntersuchung: einerseits den portablen energiedispersiven RFA-Analysator (Röntgenfluoreszensanalyse) und andererseits ein Röntgengerät für größere Objekte, welches mit den Röntgengeräten vergleichbar ist, die auch in Krankenhäusern eingesetzt werden.

Wie Holger Becker mir erzählte, sind die Objekte, die er zur Untersuchung vorgelegt bekommt, oft noch in einem Erdklumpen eingeschlossen, da sie zum Teil direkt von Ausgrabungen kommen. Das sind sogenannte Blockbergungen. Mit Hilfe der Röntgenuntersuchung erhält er nicht nur ein genaues Bild von der Lage und Beschaffenheit des Fundes in diesem Block, sondern auch über seine stoffliche Zusammensetzung.

Für die Untersuchung der Kreuzfibel benutzte er den portablen energiedispersiven RFA-Analysator. In diesem sind sowohl Röntgenröhre, als auch Detektor und Messeinheit in einem Handgerät eingebaut. Um zu untersuchen, ob es sich bei den Einlagen um Almandineinlagen handelt, wurde das Objekt zunächst auf der Untersuchungsfläche ausgelegt und mit einer Abdeckung aus Blei eingeschlossen, durch die die Röntgenstrahlen nicht nach außen dringen konnten. Man geht hier also nach dem gleichen Prinzip vor wie bei einer Röntgenuntersuchung beim Arzt, wo der Patient ebenfalls in einem isolierten Raum untersucht wird und zum Schutz eine strahlenabweisende Bleiweste tragen muss. Kurze Zeit später wurden die Untersuchungsergebnisse bzw. die stoffliche Zusammensetzung der Kreuzfibel auf dem Bildschirm angezeigt. Daraus geht hervor, dass es sich bei den roten Einlagen tatsächlich um Almandineinlagen handelt. Nach abgeschlossener Untersuchung konnte das Objekt dann am gleichen Tag zurück in die Vitrine gelegt werden und kann nun wieder von den Besuchern bewundert werden.

 

Sarah Maria Klose

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